Umsetzung der Gemeinwohlorientierung bei step

Ein kleiner Einblick bei stepHistorie, Arbeitsweise und Ausrichtung

1990 haben wir unsere Beratungsfirma gegründet und sind seitdem in einer Konstellation von Berater:innen verschiedener Ursprungsberufe und Qualifikationen tätig. Wir sind kein Netzwerk, sondern eine kleine Beratungsfirma mit über die Jahre unterschiedlich vielen Angestellten (immer sozialversicherungspflichtig beschäftigt) und Gesellschaftern, die das Unternehmensrisiko allein tragen. Unverhofft und ausgesprochen erfreulich wandeln wir uns seit ein paar Jahren zu einem Familienbetrieb.

Wir haben in den 33 Jahren viele Organisationen, von kleinen, selbstorganisierten, elterngeführten Kindertagesstätten bis hin zu großen DAX- Konzernen beraten. Als in Gewerkschaften und in der politischen Bildung und Beratung engagierte und sozialisierte Menschen setzen wir uns in unserer Beratung für gute Arbeit, innerbetriebliche Demokratie und Gerechtigkeit ein.

Vor über 10 Jahren haben wir unseren Firmensitz und Beratungsschwerpunkt von Berlin nach Niedersachsen verlegt und uns für einen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt entschieden, der uns täglich mit den Folgen unseres bisherigen Wirtschaftens konfrontiert. Wir leben im Wendland, einer sehr ursprünglich, ländlichen Region, mit dem Atomzwischenlager Gorleben vor der Tür. Sowohl die Bauern in unserem Dorf als auch wir selbst mit Land- und Waldbesitz erleben den Schaden durch den Klimawandel unmittelbar.

Als Weiterbildungsanbietende ermöglichen wir für alle Teilnehmer:innen Übernachtung und Verpflegung während der Seminare und Weiterbildungen und haben für den Zweck eine zweite Firma, die unsere Gästeunterkünfte verwaltet, und sich um die Verpflegung und Seminarbetreuung unserer Weiterbildungsteilnehmenden und Feriengäste kümmert.

Die Beratung der Transformation, die Transformation der Beratung und die Transformation der eigenen Beratungsfirma

Unsere Überlegungen und Bemühungen

Wir haben über die letzten Jahre viel über unsere gesellschaftliche Verantwortung und Umsetzung sowohl in der Beratung als auch als Unternehmen und Privatpersonen nachgedacht, haben einige praktische Schritte unternommen und das nicht nur für uns, sondern auch mit unseren Kund:innen.

In unserem Jahresbrief 2021 schrieben wir an unsere Kund:innen: „Immer wieder stellen wir uns der Frage, welchen Beitrag wir auch als Beratungsfirma leisten können, wie wir Teil der Transformation sein können und wie wir als Berater*innen professionelle Standards mit gesellschaftlicher Verantwortung verbinden können. Wir können mit guter Beratung an der „großen Transformation“ mitarbeiten, wenn wir über Anpassung an vermeintlich gegebene Rahmenbedingungen hinausdenken und verständigte Werte unserer Profession offensiv verfolgen: Humanismus, Allparteilichkeit, gute Arbeit, Gesundheit, Qualität, Fachlichkeit und Gesundheit. Wir können mit unserem Handwerkszeug Gefährdungen dieser Werte thematisieren, verhandeln und klären.“

Gemäß des professionellen Lernweges der Selbsterfahrung (Warum machen wir das nur zu persönlichen und gruppendynamischen und nicht bei organisationalen und gesellschaftlichen Themen) und unserem betrieblichen Grundprinzip, wir machen was wir sagen, suchen wir in der Selbstanwendung Antworten für unser Beratungshandeln, für die Organisation und Durchführung unserer Weiterbildungen und für einen verantwortungsvollen Lebensstil.

Was wir selbst erlebt, durchlebt und konzipiert haben, können wir überzeugender und fundierter beraten.

Wie sieht das praktisch aus? – Was haben wir unternommen?

1. Die eigene Glaubwürdigkeit stärken – Das Beratungsunternehmen

Die Selbstverpflichtung zum Gemeinwohl ist für uns seit Jahrzehnten[1] relevant und seit vielen Jahren der zentrale Leitwert, den wir mit unserer Mitgliedschaft bei der GWÖ (Gemeinwohlökonomie) bezeugen. Wir haben für 2021 unsere GWÖ- Bilanz erstellt und arbeiten an einem klimaneutralen Leben und Arbeiten.

Wir bedauern es sehr, dass die explizite Selbstverpflichtung nicht mehr Teil der ethischen Leitlinien der DGSv ist.

Um die Erfahrungen zu machen und die eigene Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit zu stärken, haben wir uns Ziele für unseren Weg zur echten Klimaneutralität gesteckt, setzen sie als Beratungsunternehmen, als Beherbergungsbetrieb und in unserem individuellen Lebensstil step by step um und planen in den nächsten Jahren Klimaneutralität zu erreichen.

2. Unsere Kunden:innen

Wir haben Kund:innen „aussortiert“, d.h. Beratungen mit Kund:innen beendet, die auf Kosten des Gemeinwohls und Ressourcen wirtschaften.

Wir arbeiten heute mit Kunden zusammen, die für das Gemeinwohl wichtige Aufgaben erfüllen: soziale Arbeit, Gesundheit, arbeitspolitische Institutionen wie Gewerkschaften und Betriebsräte, kommunale Verwaltung, NGOs oder Organisationen, die ihre gesellschaftliche Verantwortung ernsthaft wahrnehmen und sich auf einen Veränderungsweg begeben wollen.

Die Leitwerte und Kriterien bei der Zusage von Beratungsanfragen sind, die interne Demokratie in Unternehmen zu unterstützen und für „Gute Arbeit[2]“ i.S. von der angemessener Bezahlung, fairer Arbeitsgestaltung, Kooperation und Gemeinwohlorientierung zu sorgen.

Dabei achten wir sehr auf die Einbettung der Teams und Einzelpersonen in den Kontext und beziehen diesen immer mit ein. Durch eine aktive Gestaltung von Dreieckskontakten und die damit verbundene Einbindung von Führung und der Organisationen werden die oben genannten Themen und Werte explizit angesprochen, eingebunden und bestenfalls führt es zu Veränderungen.

3. Kontraktgestaltung

Wir haben als Firma und Berater:innen und als Profession ausreichend Handwerkszeug, Erfahrung und Potential, Beratungen so zu gestalten, dass die Aufgabe der Organisation im Mittelpunkt der Reflexionen stehen und dass wir die Verantwortung für Qualität und „Gute Arbeit“ (i.S.d. DGB- Index Gute Arbeit) auf jeder Handlungsebene verorten, ansprechen und ggfs. verhandeln können.

Wir begeben uns in keine Kontrakte und Beratungen

  • In denen das Beratungsanliegen und die bereitgestellten Ressourcen nicht zusammenpassen,
  • In denen die Entscheidungsträger nicht bereit sind bei Bedarf Teil der Beratung zu werden und Verantwortung zu übernehmen und
  • wo Lösungen auf Kosten des Personals, der Mitanbietenden, der Umwelt, Zulieferer u.a. gehen.

Dafür ist eine offensivere Gestaltung des Dreieckskontraktes, eine Kontraktgestaltung auf Augenhöhe und Partnerschaft nötig. Wir sind keine Auftragnehmer:innen, sondern Kontraktpartner:innen, die mit den Kund:innen einen realistischen und im Dreieck abgestimmten Kontrakt vereinbaren. Der Kontrakt regelt, wie die notwendigen Verantwortungs- und Entscheidungsebenen bei Bedarf in die Beratung eingebunden werden.

4. Beratung und Unterstützung für die ausgewählte Handlungsfelder

Wir unterstützen Menschen in Handlungsfeldern, die sich mit ökologischem, nachhaltigem Wirtschaften, bürgerschaftlichem Engagement und gewaltfreier und fairer Konfliktbearbeitung beschäftigen u.a. durch Stipendien in unseren Weiterbildungen, finanzieller Hilfe und preisgünstigen Beratungen.

5. Das Beratungsverständnis

Wir beziehen Position. Allparteilichkeit und Neutralität bedeutet für uns nicht, sich von Bewertungen freizuhalten. Allparteilichkeit bedeutet eine möglichst große Anzahl an Perspektiven miteinzubeziehen, wie z.B. die der zukünftigen Generationen und den größeren Kontext unserer Umwelt und eine Parteilichkeit für die Qualität, die Aufgabe der Organisation, den Organisationszweck, das Gemeinwohl und die Gesundheit von Mitarbeiter/innen.

Deshalb verstehen wir unsere Beratungen nicht als neutrale, unparteiliche Beratung. Wir werden parteilich, wenn Unternehmen räuberisch mit ihrem Personal, ihren Zulieferern und Kooperationspartner: innen und der Umwelt umgehen. Als sehr aktiv tätige Mediator:innen haben wir den Fairnessgrundsatz der Mediation tief verinnerlicht. „Es darf keine Lösungen auf Kosten von Dritten/ Anderen geben.“ Das bezieht die Umwelt, die nächsten Generationen, die Mitanbietenden, Zuliefer: innen u.a.m. ein.

6. Die Gemeinwohlökonomie  

Wir kannten Bücher von Christian Felber und die Idee der Gemeinwohlökonomie war uns ansatzweise vertraut, aber richtig gezündet hat es vor vier Jahren.

Wirklich zuversichtlich, engagiert und energetisch aktiviert waren wir nach einem Vortrag von Nico Paech in Hitzacker 2017

2019 wurde im Wendland eine Regionalgruppe gegründet, an deren Gründung wir beteiligt waren, bevor Corona kam und wir erst einmal für uns als Firma das Thema weiterverfolgt haben.

Zu der Zeit hatten wir nur eine vage Vorstellungen, aber eine Vision davon, wie wir die Gemeinwohlökonomie in unsere Beratung aufzunehmen und damit eine Instrument für die Fokussierung auf Gemeinwohlinteressen und die 17 Nachhaltigkeitsziele zu haben.

 Zuerst hat Paul van Kaldenkerken den Lernweg zum GWÖ- Berater und 2021 absolviert und für die step GbR bilanziert, Carla van Kaldenkerken ist aktuell 2023 damit beschäftigt.

Wir konnten die konkrete, praktische, eigene Erfahrung mit den Instrumenten machen, die in der Form nach der dialogischen Selbstevaluation ähnelt und uns als Supervisor:innen sehr vertraut ist. Uns gefiel dieses schrittweise, zielorientierte Vorgehen, indem man die Bilanz immer wieder durchläuft und sich verbessert. Wir sind begeistert, welche Themen plötzlich mit Kund:innen möglich sind und welche Effekte wir in unserer Firma erzielen.

Was ist Gemeinwohlökonomie?

Die Gemeinwohlökonomie steht für eine ethische, ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Marktwirtschaft, die sich an den Werten Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung und Transparenz ausrichtet. Nicht der größtmögliche Finanzgewinn, sondern die Kooperation und Orientierung an einem größtmöglichen Gemeinwohl leitet diesen Ansatz.

Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich, mehr oder weniger freiwillig, mit ihrem gesellschaftlichen Beitrag und Zielen für nachhaltige Entwicklung und wollen einen Beitrag zu deren Umsetzung leisten. Das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie und das dazugehörige Steuerungsinstrument der Gemeinwohl-Bilanz ist ein überzeugendes Instrument, um die Transformationsstrategie eines Unternehmen zu unterstützen.

Mehr Informationen dazu auf der Webseite https://germany.ecogood.org/

In diesem Film wird die Idee der Gemeinwohlökonomie in 5 Minuten sehr schön illustriert erklärt. https://www.youtube.com/embed/cVFvyd7SmxU

Hier finden Sie unser GWÖ Testat:


[1] Seit 2003 bis zur letzten Mitgliederversammlung gehörte die Gemeinwohlverpflichtung zu den ethischen Leitlinien der DGSv.

[2] DGB Gute Arbeit Index